Tactical Combat Systems (kurz TCS) ist meine Interpretation von Kampfkunst und Nahkampf. TCS basiert in erster Linie auf Konzepten und Prinzipien und beinhaltet Konzepte für die Verteidigung mit Alltagsgegenständen (SDS Concept), den Messerkampf (Knife Fighting Concept), den Stockkampf (Stick Fighting Concept), die Verteidigung gegen Schusswaffen (Firearm Concept), die Verwendung der Axt (Axe and Tomahawk Fighting Concept) sowie für den waffenlosen Kampf. In dieser Ausgabe möchte ich die Gelegenheit nutzen um über die Verteidigung gegen Waffenbedrohungen zu schreiben.
Die Verteidigung gegen eine Waffenbedrohung ist natürlich aufgrund der Gefährlichkeit der jeweiligen Waffe ein extrem heikles Thema. Durch eine Bedrohung mit einer Waffe bezweckt der Angreifer eine massive Einschüchterung des Opfers, zumeist besteht aber keine direkte Tötungsabsicht. Trotzdem sollte man nicht leichtfertig nur Techniken trainieren, sondern sich mit der ganzen Komplexität dieses Themas befassen. Durch ein falsches, voreiliges oder übertriebenes Verhalten kann nicht nur die eigene Gesundheit gefährdet werden, sondern auch umstehende dritte Personen können Schaden nehmen. Sie sollten auf jeden Fall abwägen ob sich das Risiko, sein Leben zu riskieren, verglichen mit einem materiellen Verlust wirklich auszahlt. Sollten Sie sich dennoch zu einer Verteidigungshandlung entschließen, müssen in einer sogenannten „Situationsanalyse“ wichtige Voraussetzungen und Informationen für eine erfolgreiche Abwehr gesichert sein.
Situationsanalyse
Unter Situationsanalyse versteht man im TCS das Erkennen und Auswerten einer Gefahrensituation in einem zeitlichen Rahmen sowie deren Lösung. Bei der Wahrnehmung einer Bedrohung ist es wichtig, festzustellen, von wo, von wem und in welcher Form die Gefahr ausgeht. Erst danach ist eine Beurteilung der Situation sowie das Einleiten einer entsprechenden Handlung möglich.
Im Folgenden möchte ich eine kurze Auflistung der einzelnen Parameter für die Beurteilung einer Situation erstellen. Man kann daran gut erkennen, wie komplex dies ist und dass ohne Training die Chancen einer geeigneten Verteidigung äußerst gering sind.
Die 9 Säulen der Verteidigung bei Bedrohung mit Waffen
Die richtige Distanz
Als Faustregel gilt eine maximale Armlängendistanz zur Waffe. Bei einer längeren Distanz, speziell bei Schusswaffenbedrohungen, ist eine realistische Abwehr zumeist nicht mehr möglich!
Handposition
Der rasche Zugriff zum Waffenarm oder zur Waffe ist die Basis für die Verteidigung. Eine optimale Handposition ist, die Hände in die Nähe der Waffe zu bringen. (“Hände hoch”)
Überraschungsmoment
Der richtige Moment für den Zugriff ist entscheidend für das Gelingen der Verteidigungsaktion. Eine mögliche Unaufmerksamkeit des Angreifer durch eine Ablenkung wäre der optimale Zeitpunkt.
Umleitung der Waffe
Beim Zugriff auf den Waffenarm oder die Waffe ist es wichtig, die Waffe vom eigenen Körper wegzuleiten (Schusswaffen). Wichtig ist es natürlich auch, dass keine andere unbeteiligte Person dadurch gefährdet wird.
Kontrolle der Waffe/des Waffenarmes
Wenn man die Kontrolle über die Waffe/den Waffenarm hat ist es wichtig, diese Kontrolle nicht durch Griffwechsel oder andere Manöver zu verlieren.
Schlagen oder nicht schlagen
In manchen Situationen ist es besser den Angreifer sofort zu attackieren, wenn sich dadurch die eigene Position verbessern lässt. Aber dies ist aufgrund der eigenen Position oder einer Verschlechterung der eigenen Position nicht immer möglich.
Die Entwaffnung
Die Kontrolle der Waffe ist nur mittels einer geeigneten Entwaffnung zu erzielen. Im TCS verwenden wir unterschiedliche Entwaffnungskonzepte (give back, stripping, locks, take out, bodydisarming, attack the arm), die situationsangepasst angewandt werden.
Kontrolle der Waffe
Nach der Entwaffnung sind eine geeignete Kontrolle und Distanz zum Angreifer notwendig damit die Waffe vom Angreifer nicht mehr verwendet werden kann bzw. um die Waffe selbst gegen den Angreifer verwenden zu können.
Situationskontrolle
Unter Situationskontrolle verstehen wir sicherzustellen, dass keine unmittelbare Gefahr mehr vom Angreifer ausgeht. Dies kann einerseits durch die Kontrolle des Angreifers, den Einsatz der Waffe oder durch Schläge gegen den Angreifer geschehen.
Die Trainingsmethoden im TCS
Im TCS bedienen wir uns unterschiedlichster Trainingsmethoden. Diese Methoden sind neben den Konzepten und Prinzipien das Kernstück von TCS. Grundsätzlich bedienen wir uns der technischen Ganzheitsmethode und Teilmethode sowie deduktiver und induktiver Verfahren im Training.
Dies bedeutet, dass wir zum einen ganze Technikabläufe sowie auch isolierte Bewegungsabläufe aus den Techniken (z.B. Entwaffnungen), oder auch bestimmte Techniken auf unterschiedliche Konzepte angewandt trainieren.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der TCS Trainingsmethoden ist das Attributstraining. Einzelne Attribute wie z.B. Reaktion, Schnelligkeit, Timing, Beweglichkeit etc. oder auch mehrere Attribute in Kombination mit einer spezifischen systemtechnischen Form bzw. artfremden Formen werden zur Verbesserung der Anwendung trainiert.
Dies wäre z.B. im Bezug auf die Verteidigung bei einer Waffenbedrohung ein schneller Zugriff zur Waffe oder das richtige Timing bei der Entwaffnung.
Tactical Combat Systems
TCS – T steht für Tactical
Alle TCS Systeme beinhalten zusätzlich zum technischen Training auch eine umfassende taktische Ausbildung. Zu den taktischen Inhalten zählen neben dem Wann, Wo und Wie einer Verteidigungshandlung unter anderem auch das Verhalten gegen mehrere Angreifer, unterschiedliche Waffenhandhabung und Angriffsmöglichkeiten, Nutzen und Einbeziehen räumlicher Gegebenheiten sowie Teamwork und vieles mehr.
TCS – C steht für Combat
Combat – weil der Selbstschutz und die Selbstverteidigung die tragenden Elemente sind. Zur technischen Entwicklung werden aber trotzdem Techniken und Methoden aus Kampfkunst und Kampfsport verwendet.
TCS – S steht für Systems
Systems, weil es unterschiedliche Systeme im TCS gibt, die jedes für sich gelehrt werden können oder in Kombination mit anderen Systemen des TCS funktionieren. Unterrichtet werden die Verteidigung mit Alltagsgegenständen, der Messerkampf/die Messerverteidigung, Axt und Tomahawk, Schusswaffen, Stockkampf, Tonfa sowie der waffenlose Kampf.
Weitere Infos über Seminare und Instruktorenkurse unter www.knifefighting-concept.at
Text: Peter Weckauf, Mag. Irmi Hanzal, Mag. Thomas Schimmerl
Bilder: Mike Lehner